Albert Einstein war genial – und ein schlechter Schüler mit ziemlich
schlechten Zeugnissen. Die Beurteilung von Kindern und Jugendlichen durch Zeugnisnoten sagt also nicht wirklich viel darüber aus, mit was für einem Menschen wir es da zu tun haben. Das ist heute nicht anders als während der Schulzeit des Genies Albert Einstein.
Ob Einstein von Eltern oder Schule Druck bekommen hat, wissen wir nicht. Doch überhöhter Leistungsdruck ist und bleibt Gift für eine gesunde Entwicklung von Heranwachsenden. Deshalb wünscht sich Bettina Erlbruch, Geschäftsführerin Kinderschutzbund Ortsverband Düsseldorf, dass der endlich aus den Schulen und Elternhäusern verschwindet.
„Heute habe ich mein Zeugnis bekommen. Es ist das schlechteste, was ich je hatte. Ich brauch eine gute Mathe-Note, weil ich sonst meine Ausbildung nicht machen kann. Ich hab Angst, das Zeugnis meinem Vater zu zeigen. Bitte gebt mir einen Ratschlag“, so schreibt ein Mädchen (16) am Zeugnistag an die em@il-Beratung der „Nummer gegen Kummer“.
Bei einigen Heranwachsenden kommt es wegen schlechter Noten und Versetzungsgefahr zu Ängsten oder Konflikten, beispielsweise mit den Eltern. „Sich vor einem schwierigen Gespräch jemandem anonym anzuvertrauen, kann helfen, Ängste abzubauen und einen Ausweg für die eigene Situation zu finden“, erklärt Anna Zacharias, Fachreferentin beim Nummer gegen Kummer e.V. „Unsere kostenlosen und anonymen Beratungsangebote sind auch für solche Situationen eine erste Anlaufstelle.“ Das Kinder- und Jugendtelefon ist erreichbar unter: 116 111.
Im Jahr 2018 drehten sich bei der „Nummer gegen Kummer“ rund 10.000 Kontakte mit Heranwachsenden und 1.804 Gespräche mit Eltern um Fragen, Sorgen und Probleme im Zusammenhang mit Schule, Ausbildung oder Beruf. Im Gespräch mit einem*r Berater*in kann dann gemeinsam überlegt werden, wie man die, subjektiv empfunden, schlechten Nachrichten am besten überbringt und wie Kinder, Jugendliche und ihre Eltern zukünftig möglichst konfliktfrei über das Thema Schule sprechen können.
Und auch anders herum wird ein Schuh draus. „Ein gutes Zeugnis sagt nichts darüber aus, ob es der Schülerin oder dem Schüler auch gut geht“, bemerkt Bettina Erlbruch. So glänzen z.B. von Magersucht betroffene Jugendliche häufig durch absolut gute Noten, weil Perfektionismus zu ihrem Krankheitsbild gehört. Bettina Erlbruch: „Wir sind mit unserem Beratungsangebot dann auch dafür da, ihnen Mut zu machen, dass sie nicht immer alles schaffen müssen.“
Auch für Eltern weiß die „Nummer gegen Kummer“ Rat – die Gespräche am Elterntelefon (0800 – 111 0 550) zeigen, dass Eltern oft stark eingespannt sind und sich fragen, ob sie ihre Kinder ausreichend unterstützen. Die ehrenamtlichen Berater*innen am Elterntelefon sind mit den Sorgen und Nöten der Anrufer*innen durch ihre qualifizierte Ausbildung, ihre oftmals langjährige Erfahrung, aber auch durch regelmäßige Fortbildungen vertraut. Und natürlich sind sie auch in der vermeintlich stressfreien Ferienzeit da und hören zu!
Tipps für Eltern zum Umgang mit Zeugnissen:
1. Erinnern Sie sich daran, wie es für Sie selbst gewesen ist, wenn Sie Zeugnisse bekommen haben.
2. Machen Sie sich bewusst, dass eine Zeugnisnote nur einen kleinen Aspekt Ihres Kindes beurteilt.
3. Fragen Sie Ihr Kind, wie es ihm selbst mit dem Zeugnis geht.
4. Überlegen Sie gemeinsam, ob das Kind etwas an seinem Lernverhalten verändern soll und kann und ob es dafür Hilfe braucht.
5. Wenn das Kind in einem oder mehreren Fächern schlechte Noten hat, überlegen Sie mit ihm, was es sonst gut kann.
6. Wenn das Kind sehr gute Noten hat und sehr viel lernt, überlegen Sie mit ihm, wie es selbst Druck rausnehmen kann.
7. Holen Sie sich selbst Beratung, wenn Sie sich mit dem Thema „Zeugnisse“ überfordert fühlen. Das Elterntelefon ist auch für Sie da.
8. Versuchen Sie herauszufinden, welche Ursachen es für die eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder gar Lernverweigerung Ihres Kindes gibt (z.B. Mobbing, Ausgrenzung oder Beschimpfung als Streber etc.).